Die schwarz-rote Koalition im Bund hat eine öffentliche Anhörung zu ihrem Kompromiss bei der Reform der Pflege-Ausbildung abgewehrt. Bei der – wegen der zahlreichen Fragen dazu verlängerten – Sitzung des Gesundheitsausschusses wurde deutlich, dass bei dieser Reform noch dringender Klärungsbedarf herrscht. Den Antrag der Oppositionsfraktionen, eine öffentliche Anhörung anzuberaumen, lehnten CDU und SPD einstimmig ab. Zu diesem Thema hatte das Bündnis für Altenpflege vor der Sitzung eine Pressemitteilung herausgegeben:
„Generalistische Ausbildung ist der falsche Weg und wird den Fachkräftemangel in der Altenpflege weiter befördern“
Berlin, 29. Mai 2017 – Nachdem in der Diskussion um das Pflegeberufe-Reformgesetz endlich ein Kompromiss gefunden worden war, sehen aktuelle grundlegende Änderungsanträge des Gesundheits- und Familienministeriums nunmehr offenbar vor, die Altenpflegeausbildung doch abzuschaffen.
„Das Altenpflegegesetz mit seinen eigenständigen inhaltlichen Regelungen soll außer Kraft treten, und in der Folge wird die Altenpflege zu einer Berufsbezeichnung ohne Inhalte verkommen“, so die düstere Prognose von Peter Dürrmann, Sprecher des Bündnisses für Altenpflege, der vor der Abstimmung im Bundestag dringend eine Anhörung fordert.
Dürrmann befürchtet zudem, dass nicht sichergestellt wird, dass Hauptschüler ihre dreijährige Ausbildung in gleichem Umfang wie bisher in der Altenpflege erfolgreich absolvieren können.
„Die Ausbildungsinhalte werden bei der Zusammenlegung der Kranken-, Kinderkranken- und Altenpflege deutlich komplizierter und kompakter. Können die Hauptschüler den hohen Anforderungen nicht folgen, haben sie nicht einmal eine Helferausbildung, sondern stehen unter Umständen ohne Abschluss da. Die fatalen Folgen für die Pflegebedürftigen in unserem Land sind unvorhersehbar“, erläutert Dürrmann, der seine Ausführungen um den Aspekt der mangelnden Durchlässigkeit zwischen den Ausbildungsschwerpunkten ergänzt:
„Auszubildende, die sich für eine Vertiefung ,Altenpflege/Langzeitpflege‘ entscheiden, können nach zwei Jahren in die ,generalistische‘ Ausbildung wechseln; Auszubildende aus der ,generalistischen‘ Ausbildung aber nicht in die Vertiefung ,Altenpflege/Langzeitpflege‘.“
Das Bündnis für Altenpflege, ein Zusammenschluss von Berufs-, Schul- und Fach- sowie Leistungserbringerverbänden, vertritt inzwischen über 70 Prozent aller Altenpflegeeinrichtungen und Dienste in Deutschland. Aus Sicht des Bündnisses ist eine generalistische Ausbildung mit Blick auf die pflegerischen Herausforderungen der Zukunft fachlich der falsche Weg und wird den ohnehin schon vorhandenen Fachkräftemangel in der Altenpflege weiter befördern.
Am Bündnis für Altenpflege sind beteiligt: Arbeitgeberverband Pflege e.V., Arbeitskreis Ausbildungsstätten Altenpflege (AAA), Arbeiterwohlfahrt (AWO) LV Berlin und Bayern sowie Bezirksverband Potsdam, Bundesverband der kommunalen Senioren- und Behinderteneinrichtungen e.V. (BKSB), Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste e. V. (bpa), Deutsche Akademie für Gerontopsychiatrie und -psychotherapie e. V., Deutscher Berufsverband für Altenpflege e. V. (DBVA), Deutsche Expertengruppe Dementenbetreuung e. V. (DED), Deutsche Gesellschaft für Gerontopsychiatrie und -psychotherapie e. V. (DGGPP), Deutscher Verband der Leitungskräfte der Alten- und Behindertenhilfe e. V. (DVLAB), Frankfurter Verband für Alten- und Behindertenhilfe e.V., Landesverband Hauskrankenpflege Sachsen-Anhalt e. V., Pflegebündnis Mittelbaden e. V., Verband Deutscher Alten- und Behindertenhilfe e. V. (VDAB)
Zur Entscheidung der Koalition gegen eine öffentliche Anhörung zum Kompromiss bei der Pflege-Ausbildung (Pflegeberufereformgesetz) erklärt MdB Elisabeth Scharfenberg, Sprecherin von Bündnis 90 / Die Grünen für Pflege- und Altenpolitik:
„Anlass für eine Anhörung gibt es mehr als genug. Der vorliegende Kompromiss der Koalition verändert den Gesetzentwurf grundlegend. So werden nun die generalistische und die integrative Ausbildung parallel getestet. Es ist aber nicht eindeutig klar, wie diese verschiedenen Ausbildungen gegeneinander abgegrenzt werden, wie die praktische Umsetzung genau laufen soll und ob die Alten- und Kinderkrankenpflege letzten Endes erhalten bleiben oder doch abgewickelt werden sollen.
Diese Reform muss fachlich wasserdicht sein. Es geht nicht um irgendetwas. Dieses Gesetz wird die Pflegeberufe und die pflegerische Versorgung insgesamt substanziell verändern. Über 130.000 Menschen absolvieren jährlich eine Pflege-Ausbildung, weit über eine Million Menschen sind in einem Pflegeberuf tätig. Viele Millionen Pflegebedürftige, Patientinnen und Patienten sind auf die Versorgung gut ausgebildeter Pflegekräfte angewiesen.“